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Stadtgeschichte auf Hennigsdorfer Trafostationen

Stadtgeschichte auf Hennigsdorfer Trafostationen

Künstler gestaltet Stromhäuschen mit historischen und Alltags-Motiven / Zwei neue Objekte übergeben

Ein leuchtend rotes Feuerwehrfahrzeug eilt mit Blaulicht aus der Wache in der Parkstraße zum Einsatz. Drei Ecken weiter zeugt eine Baustellenszene aus den 1950er-Jahren vom Aufbau der Häuser in der damals noch nicht fertigen Nauener Straße. In Hennigsdorf wird Stadtgeschichte auf Trafostationen per Spraykunst lebendig. Für Streetart-Künstler Patrick Kieper sind die Stromhäuschen eine perfekte Leinwand für die Motive aus dem Alltag heutiger und vergangener Zeiten. Der geborene Hennigsdorfer hat im Auftrag des regionalen Energieversorgers E.dis im Oktober zwei Anlagen im Stadtgebiet gestaltet. Die Stadt hat das Unternehmen zu einer farblichen Verschönerung der sonst grauen Zweckimmobilien vertraglich verpflichtet.

Die Motive, die gemeinsam mit der Marketingabteilung des Rathauses ausgewählt werden, orientieren sich dabei immer an Typischem in der direkten Umgebung. So war für das Umspannhäuschen in der Kleiststraße direkt hinter der Hennigsdorfer Feuerwache klar, dass die Betonwände mit einem roten Einsatzfahrzeug verziert werden. Auch als Dankeschön und Anerkennung für die Hennigsdorfer Feuerwehrkräfte, die jederzeit zum Ausrücken, Löschen und Retten bereit sind. Zur Übergabe des Kunstwerkes rollt dann sogar das echte Löschfahrzeug vor, das für die Trafowand Modell stand. Die anwesenden Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Hennigsdorf, die zuständige Fachdienstleiterin Natalie Ligmann und Gerätewart Bernhard Witt zeigen sich sehr zufrieden mit dem Straßenkunst-Gemälde von Patrick Kieper.

Für den zweiten zu gestaltenden Kasten in der Nauener Straße hatte das Hennigsdorfer Stadtarchiv einen guten Einfall und stellte ein historisches Foto aus den Anfangsjahren der Siedlung als Motiv zur Verfügung. Es zeigt in einer Schwarz-Weiß-Aufnahme die Bauarbeiten von vor fast 70 Jahren mit dem neu entstehenden Garagenkomplex und den Gerüsten vor den noch nicht fertigen Dreigeschossern. Auf der Rückseite des kleinen Technikgebäudes ist eine typische Alltagsszene in der nahen Fontanestraße aus den 1970er-Jahren eingefangen mit den aufragenden Hochhäusern, auf die die Hennigsdorfer seinerzeit so stolz waren.

Kiepers Motive ergänzen die mittlerweile zehn künstlerisch gestalteten Trafostationen in Hennigsdorf, die Straßenecken zu Hinguckern im hektischen Verkehrstrubel machen. Seit Jahren schon werden die E.dis-Stationen in Zusammenarbeit mit der Stadt von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern mit ihrer persönlichen Note zu kleinen Geschichtsstuben und Bildergeschichten am Straßenrand. Wie mit dem Bild vom feurigen Stahlabstich im Stahlwerk – zu sehen auf dem Funktionsgebäude mitten zwischen den Schlendernden in der Havelpassage. Oder die gemalte Biergarten-Szene im früheren Gasthaus Brose auf der Dorfaue in der Berliner Straße gegenüber der Polizeiwache. Das Pferdegetrappel des Bierkutschergespannes ist vom Kunstwerk auf dem Betonputz im zwei mal zwei Meter Format förmlich zu hören.

Ein bis zwei Tage Arbeit pro Trafostation stecken in seiner Straßenkunst, sagt Patrick Kieper. Ein gutes Dutzend Spraydosen kommt dabei zum Einsatz. Immer wieder bekommt der 36-Jährige Komplimente von Passanten, die stehenbleiben, ihn beobachten und sich an die damalige Zeit an dem jeweiligen Ort erinnern, wenn er ein historisches Motiv sprüht. „Manchmal bekomme ich auch Post von begeisterten Anwohnern, die sich für das historische Postkartenmotiv vor ihren Fenstern einfach bedanken wollen“, freut sich Patrick Kieper, der seine Kunst auch in Workshops an Nachwuchstalente in Schulen und Kindergärten weitergibt. Zum Sprayen ist er selbst als Teenager in der Freizeit gekommen und hat nach der Schule seine Leidenschaft zum Beruf gemacht.

Heute verziert er neben den Stromhäuschen von Potsdam bis zur Ostsee auch die modernen Sanitäranlagen der neuen Autobahnraststätten in Brandenburg mit seinen Graffitis. Er zaubert nach privaten Wünschen aber auch Toskana-Landschaften an Einfamilienhäuser oder weitet den Horizont heimischer Poolecken mit bunten Strandszenen.

Wenn er die vielen kahlen Wände überall noch sieht, wird ihm nicht bange, dass seine Arbeit ausgehen könnte, ist sich Patrick Kieper mit seinen Spraydosen in der Hand sicher. Allein in Hennigsdorf warten in den kommenden Jahren noch einige Trafohäuschen auf Verschönerung.