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Maschinenbau: Von Hennigsdorf aus in alle Welt

Die Firma ME Messsysteme GmbH produziert an der Eduard-Maurer-Straße Sensoren und Dehnungsmessstreifen

Als sich Dr. Holger Kabelitz – promovierter Maschinenbauer der TU Berlin – 1995 dazu entschloss, seine eigene kleine High-Tech-Firma zu gründen, gehörte viel Mut dazu. Sie trieben ihn um, die Dehnungsmessstreifen. Der Spezialist für diese dünnen, metallbeschichteten Kunststofffolien, die in der Industrie seit mehr als 50 Jahren an Brücken, in Maschinen oder Fahrzeugkarosserien winzigste Veränderungen oder Verschiebungen messen können, suchte sich Räume im Technologiepark Cotec in Cottbus. „Wir waren nur zwei, drei Leute und haben überlegt, wie wir die Produkte soweit entwickeln und patentieren lassen können, um damit die Serienreife zu erlangen“, berichtet der heute 59-jährige Firmeninhaber der ME Messsysteme GmbH.

Die technologieorientierte Unternehmensgründung wurde damals vom Bundesforschungsministerium unterstützt und ist gelungen. Geeignete Flächen fand Dr. Kabelitz später im Innovationsforum in Hennigsdorf. Vor zwei Jahren wurde ein 7000 Quadratmeter großes Grundstück in der Eduard-Maurer-Straße 9 bebaut und zum neuen Firmensitz.

Breite Palette an Berufen versammelt

Im freundlichen hellen Vestibül stehen Obstkörbe bereit. Farbenfrohe Stühle laden die Belegschaft zur gemeinsamen Snackpause ein. Freitags wird – wenn nicht gerade Corona die normalen Abläufe stört – auch gerne für alle gegrillt. Flexible Arbeitszeiten und gute Entwicklungschancen auch im eigenen Haus machen sich bezahlt. Die inzwischen 80 Mitarbeitenden des Betriebes sind über zwei Etagen verteilt von der IT bis zur Forschung und Entwicklung hin zur Produktion und Qualitätssicherung. Mancher Studierende ist über seine Bachelor- oder Masterarbeit am Thema drangeblieben und arbeitet inzwischen in Hennigsdorf. Die ME Messsysteme haben auf der ganzen Welt Partner.

Das Patent auf Dehnungsmessstreifen hat sich längst bezahlt gemacht. Bei Stauchungen oder Dehnungen sind die dünnen Messstreifen in der Lage, sich veränderten Widerständen anzupassen. Sie können jede Feinheit messen. Die Einsatzgebiete erweitern sich ständig. 1500 Kunden werden von Intel, über Zeiss oder Fresenius bis hin zur NASA wunsch- und passgenau beliefert. Das Forschen hört auch für Dr. Holger Kabelitz nie auf – schon hat er die nächsten Ideen vor sich.
Den Sprung ins Unternehmertum hat er nach eigenem Bekunden nie bereut. Die Firma ME Messsysteme GmbH, der er mit Mitgeschäftsführerin Elena Witich vorsteht, ist den Kinderschuhen längst entwachsen. Doch er hat nicht vergessen, wie aufregend die Zeit war.

Junge Studierende erhalten fachliche Hilfe 

Deshalb unterstützt er junge engagierte Mitarbeitende besonders gern. Forschungsprojekte werden gemeinsam mit Universitäten ausgetüftelt und realisiert. Auch international gibt es Kooperationsverträge, zum Beispiel mit St. Petersburg oder Senftenberg und Cottbusser Technikerschmieden. Ob Maschinenbau oder Medizintechnik – junge Ingenieure und Techniker haben in Hennigsdorf eine Heimstatt. Aber auch Facharbeiter für Elektronik finden ebenso wie IT-Spezialisten oder Nachrichtentechniker gute Bedingungen in der Firma. „Auch Zahntechniker oder Uhrmacher sind bei den Arbeiten im Mikrometerbereich jederzeit willkommen“, eröffnet Dr. Holger Kabelitz Möglichkeiten.

Produziert werden unter anderem Sensorenbaugruppen, in der Halle ist es hell und sauber. Die elektrischen Leiterkarten in den Geräten und Displays werden verdrahtet, verkabelt und vergossen, mit Lupen und großen Lichtquellen sind die Feinarbeiten auf Leiterplatten und in Kleinstteilen mit feinen Drähten auszuführen. Jeder Arbeitsplatz ist anders, ist besonders. Ob Elektroniker, Mechatroniker, Bürokaufleute – die Ausbildungen sind abwechslungsreich und können im Dualen Studium auch bis zum Master führen. „Wir wollen die Arbeit attraktiv halten“, sagt Miroslava Kuc, die im Vertrieb und Marketing der Firma arbeitet. Sie selbst kam als Studierende hinzu und blieb quasi hängen. „Ich fühle mich sehr wohl hier. Es wäre nur schön, wenn ein Linienbus öfter zum Bahnhof fahren würde, das würde es allen leichter machen.“ Das wünschen sich viele Betriebe in den Gewerbegebieten der Stadt.

Ein Korsett für den Motor

Der GSV-8 wird gerade in der Qualitätssicherung genau getestet. Kein Teil verlässt den Betrieb ohne Prüfung. GSV heißt Gleichspannungsmessverstärker. Ihn gibt es analog und digital oder als Transmitter in verschiedenen Ausführungen und Größen. Auch Kraftsensoren kommen aus dem Hause ME Messsysteme. Sie können zum Beispiel bei Exoskeletten in der Rehabilitation als passive oder aktive Assistenzsysteme zum Einsatz kommen und die menschliche Muskelkraft mit einer sensorischen Verbindung zu einem Motor wie ein Korsett, das man sich umlegt, unterstützen. Die Muskulatur des Menschen wird dadurch gestärkt und kann viel mehr heben oder tragen. Das kann auch in vielen anderen Einsatzgebieten eine Rolle spielen. Dehnungs-, Beschleunigungs- und Wegsensoren ergänzen das Portfolio.

Feinste Sensoren, die man in den menschlichen Körper implantiert und die feinste Belastungen an Knie oder Hüfte anzeigen, sind in der Testphase. Für Prothesen könnte das ebenso interessant sein. Rotierende oder schwingende Messungen von Kraft, Leistung, Beschleunigung und Zug sind möglich. Aktuell durchläuft die Firma außerdem den Weg zur Akkreditierung als Prüflabor, um auch weitere Dienstleistungen für andere Firmen anzubieten. Die Ideen gehen Holger Kabelitz noch lange nicht aus. Der Innovationspreis der Länder Berlin und Brandenburg, den er vor vielen Jahren erhielt, war der richtige Fingerzeig. Nicht zuletzt steckt der magnotoelastische Messstreifen auch im Firmennamen ME. ME Messsysteme GmbH will weiter wachsen am Standort Hennigsdorf – Platz genug ist dafür auf alle Fälle auf dem Firmengrundstück.

Zahlen und Fakten:

  • ME Messsysteme GmbH, Eduard-Maurer-Straße 9 in Hennigsdorf
  • 80 Mitarbeitende, davon zwölf Ingenieure
  • Entwickelt werden Sensoren und Elektronik für die Medizintechnik, Hebezeuge, Luftfahrtindustrie und Prüftechnik, 50.000 Sensoren verlassen den Betrieb jährlich.
  • Dehnungsmessstreifen unterliegen höchsten Anforderungen und feinsten Prozessparametern. Die Qualitätssicherung wird von eigener Software unterstützt.
  • Aktuell bietet die Firma Softwareingenieuren, Produktionshelfern, Feinmechanikern und Mechatronikern Jobs an. Verschiedene Ausbildungen sind möglich.
  • Kontakt: www.me-systeme.de, Telefon 03302 8982430 und E-Mail info@me-systeme.de


Autor/in: Andrea Linne